Wintersession 2024

Karin Keller-Sutter ist neue Bundespräsidentin und Guy Parmelin ist Vizepräsident

Die Vereinigte Bundesversammlung wählt jeweils das Bundespräsidium. Dafür haben sich die Ständerätinnen und Ständeräte in den Nationalratssaal begeben und gemeinsam gewählt. Die Wahl erfolgte geheim, also schriftlich. Turnusgemäss ist Karin-Keller Sutter, die aktuelle Vizepräsidentin, als Präsidentin an der Reihe. Sie wurde wie erwartet gewählt.

 

«Sky Shield»: Entscheidungskompetenz bleibt beim Bundesrat

Der Nationalrat lehnt die Forderung nach Mitsprache des Parlaments beim Schweizer Beitritt zur «European Sky Shield Initiative» ab. Mit 101 zu 81 Stimmen bei 6 Enthaltungen entschied sich der Nationalrat gegen die Motion und folgte einer Minderheit und dem Bundesrat.

Kommentar Politbeobachter:

Nach unserem Dafürhalten nimmt der Nationalrat damit seine staatspolitische Verantwortung nicht wahr. Der Beitritt zum Sky-Shield ist in der Wirkung ein Beitritt zu einer «Organisation für kollektive Sicherheit» und ein solcher untersteht einem obligatorischen Referendum gemäss Artikel 140 der Bundesverfassung. Der Nationalrat hätte hier trotz der «selektiven Rhetorik» von VBS-Chefin Amherd den Bundesrat in die Schranken weisen und eine Volksabstimmung fordern müssen. Mehr zum Thema in einem separaten Beitrag vom Politbeobachter.

 

E-ID soll 2026 eingeführt werden

Das neue Gesetz für die Einführung eines elektronischen Identitätsnachweises steht. Die E-ID soll 2026 eingeführt werden. Den Grundsätzen zugestimmt hatten die Räte bereits zuvor, darunter dem Kredit im Umfang von insgesamt rund 100 Millionen Franken für den Aufbau und den Betrieb der nötigen E-ID-Systeme.

Die persönlichen Daten sollen gemäss neuer Vorlage nur auf dem Mobiltelefon der E-ID-Nutzerinnen und -Nutzer gespeichert werden. Regelmässige Prüfungen des Systems, auch durch Externe, sind vorgesehen. Die E-ID soll kostenlos und freiwillig sein – die heutigen Identitätskarten oder Pässe werden dadurch nicht ersetzt.

Kommentar Politbeobachter:

Der erste Versuch – eine privatwirtschaftliche Lösung – war 2021 an der Urne abgelehnt worden. Der aktuelle Gesetzesentwurf ist deutlich besser, aber das Thema Datenschutz ist durch den Technologieentscheid des Bundesrates nicht zufriedenstellend gelöst.

Erst während der Debatte hat sich dieser für eine EU-Kompatible Lösung entschieden, die aber den Grundsatz des «Privacy by Design» verletzt. Die notwendige Unverknüpfbarkeit der Daten ist nicht gegeben. Die Piratenpartei hat angekündigt, dass Sie das Referendum ergreifen wird. Mehr dazu hier. Ob und wie lange die E-ID tatsächlich freiwillig bleiben dürfte, ist fraglich. Im Ständerat war eine Motion, Unterschriftensammlung für Referenden und Initiativen und somit die Nutzung der politischen Rechte an die E-ID knüpfen will, bereits mehrheitsfähig.

 

Ständerat will digitale Unterschriftensammlung rasch einführen

Für den Ständerat muss der Bund rasch die rechtlichen Grundlagen schaffen, damit Unterschriftensammlungen künftig über digitale Kanäle stattfinden können. Die angenommene Motion zur Einführung des sogenannten «E-Collecting» stammt vom Glarner FDP-Ständerat Benjamin Mühlemann. Dieser sagte, das heutige System mit dem Unterschreiben von Unterschriftenbögen von Hand auf Papier und der Beglaubigung durch die Gemeinden meist von Hand sei «veraltet, ineffizient, fehleranfällig und ermöglicht Missstände». Der Sammel- und Verifizierungsprozess solle neu digitalisiert ablaufen. Der Bund prüft ein Pilotprojekt.

Kommentar Politbeobachter:

Dieser Entscheid wird hoffentlich vom Nationalrat korrigiert. Die Umsetzung der Motion würde zu Ende gedacht bedeuten, dass politische Rechte nur noch hat, wer ein Smartphone besitzt, auf dem er eine E-ID verwenden kann. Dies wäre diskriminierend und verfassungswidrig. Mehr zu diesem kurzsichtigen Entscheid des Ständerats in einem separaten Artikel des Politbeobachters. 

 

Schweiz tritt Migrationspakt nicht bei

Die Schweiz soll dem 2018 verabschiedeten Uno-Migrationspakt nicht beitreten. Dafür hat sich nach dem Ständerat auch der Nationalrat ausgesprochen. Nach dem Nein des Nationalrats nimmt die Bundesversammlung laut dem angenommenen Bundesbeschluss einfach Kenntnis von den Leitprinzipien des Pakts. Mehr dazu in einem separaten Beitrag des Politbeobachters.

 

Budget 2025

National- und auch Ständerat müssen dem Budget 2025 zustimmen. Nachdem letzte Woche der Nationalrat das Budget mit einigen Anpassungen gutgeheissen hat, debattierte diese Woche der Ständerat darüber. Da sich die beiden Ratskammern betreffend Budgetanpassungen einig sein müssen und das Gesamtbudget konform mit der Schuldenbremse sein muss, befassen sich Abwechslungsweise National- und Ständerat mit dem Budget.

Nach der Zustimmung des Ständerats steht nun definitiv fest, dass die Armee 2025 gut eine halbe Milliarde Franken mehr als geplant erhält. Das Gesamtbudget 2025 ist aber noch nicht beschlossen und die Frage, wie viel bei der Auslandshilfe der Schweiz und diversen anderen Ausgabenposten gekürzt werden soll, ist noch nicht definitiv entschieden.

 

Nationalrat will Nothilfe für Stahlwerke

Der Nationalrat will wirtschaftlich angeschlagene Betriebe der Stahl- und Aluminiumproduktion staatlich unterstützen. Er hat entsprechende Überbrückungshilfen beschlossen, damit die betroffenen Betriebe vier Jahre lang weniger für den Strom bezahlen. Mitte-Links warb für die Staatshilfen und wurde von einzelnen SVP-Vertretern unterstützt. Die Branche müsse gestützt werden, da Schweizer Stahl ökologischer sei als importierter Stahl, Arbeitsplätze gerettet würden und eine eigene Stahlwiederaufbereitung von strategischer Bedeutung sei.

Kommentar Politbeobachter:

Bundesrat Rösti warnte zurecht davor, dass die geplante Reduktion der Netznutzungsgebühr für einzelne Betriebe verfassungsrechtlich problematisch sei. Diese widerspricht dem Gebot der Rechtsgleichheit. Das Risiko, einen gefährlichen Präzedenzfall zu schaffen und Begehrlichkeiten anderer Branchen zu wecken, ist gross.

Aus ökologischen Gründen und wegen der strategisch wichtigen Bedeutung einer eigenen Stahlwiederaufbereitung ist es verlockend, kränkelnde Grossbetriebe zu retten. Vermutlich wäre dies eine teure Symptombekämpfung für einen anstehenden Strukturwandel. Doch weshalb geht es der Stahlindustrie in der Schweiz so schlecht? Dies liegt primär am hohen Strompreis. Ironischerweise wurde dieser durch die Energiepolitik verursacht, also von denjenigen, die sich nun als Retter der «Schweizer Stahlindustrie» in Szene setzen. Folgendes Votum von FDP-Nationalrat Wasserfallen fasst den Sachverhalt gut zusammen. Das Werk in Gerlafingen gehört im Übrigen zur italienischen Beltrame-Gruppe bei der es noch vor kurzem üppige Dividendenausschüttungen für die Aktionäre gab.  Es bleibt spannend sie der Ständerat hierzu entscheiden wird.

 

Nationalrat will Stromreserven im Gesetz verankern

Die Schweiz soll für künftige Energie-Mangellagen besser gerüstet sein. Zu diesem Zweck hat der Nationalrat als Erstrat Änderungen des Stromversorgungsgesetzes beschlossen. Diese verankern die heutigen notrechtlichen Regeln einer Stromreserve gesetzlich.

Das Risiko einer Strommangellage im Winter bestehe für die Schweiz nach wie vor. Der Bundesrat will darum Massnahmen zur Absicherung der Versorgung auf unbestimmte Zeit gesetzlich verankern. Dazu gehören Reservekraftwerke, die mit Öl und Gas betrieben werden können. Mit Änderungen im Stromversorgungsgesetz, im Energiegesetz und im CO₂-Gesetz sollen die Versorgungssicherheit garantiert und die Auswirkungen auf Umwelt und Klima sowie die Kosten für die Stromverbrauchenden minimiert werden.

 

Eigenmietwertabschaffung wird wohl scheitern

Nach dem der Ständerat bei der Abschaffung des Eigenmietwerts an seiner Position festhielt, diesen nur für Erstwohnungen abschaffen zu wollen und die vom Nationalrat vorgeschlagene Objektsteuer für Zweitwohnungen verwarf, hat die zuständige Kommission des Nationalrats entschieden, weiter an ihrer Position festzuhalten. Damit wird ein endgültiges Scheitern des Geschäfts nächste Woche immer wahrscheinlicher. Mehr dazu hier.

 

Nationalrat: Cybersicherheit soll überprüft werden

Der Bund muss gesetzliche Grundlagen und Geldmittel haben, um vernetzte Infrastrukturen, Geräte und Anwendungen auf Cybersicherheit zu überprüfen. Mit 122 zu 62 Stimmen sagt der Nationalrat Ja zum Vorstoss der Sicherheitspolitischen Kommission des Ständerates (SIK-S). Diese hatte die Motion mit schwerwiegenden Datendiebstählen und Betriebsunterbrüchen bei Behörden, öffentlichen Institutionen und bundesnahen Betrieben begründet. Cyberangriffe seien mittlerweile eine reale Bedrohung für das öffentliche und zunehmend auch für das private Leben, fand die Mehrheit.

 

Nationalrat kürzt Auslandunterstützung bis 2028 zu Lasten Ukraine

Der Nationalrat will dem Bund für die kommenden vier Jahre knapp 11 Milliarden Franken für die Auslandshilfe zur Verfügung stellen, weniger als der Bundesrat beantragt. Das hat er in der Differenzbereinigung entschieden. Damit steht für die Strategie zur Internationalen Zusammenarbeit (IZA) für die Jahre 2025 bis 2028 etwas weniger Geld zur Verfügung als bisher.

 

Ständerat gegen kantonale Einheitskrankenkassen

Der Genfer Grosse Rat forderte das nationale Parlament dazu auf, eine Rechtsgrundlage für kantonale Einheitskrankenkassen zu schaffen. Auch sollten Kantone auf dieser Basis alternative Modelle testen können. Durch das aktuelle System mit einer Vielzahl privater Krankenkassen entstünden «zahlreiche Probleme». Die privaten Krankenkassen würden mit den Reserven der Versicherten spekulieren und in Werbung, anstatt in Prävention und Gesundheitsförderung investieren. Diese Argumente überzeugten den Ständerat aber nicht. Als nächstes entscheidet der Nationalrat über die Standesinitiative aus Genf.

 

Parlament stimmt Gesetz zum Verbot der Hamas zu

Mit der Vorlage setzte der Bundesrat einen Auftrag des Parlaments um. Die Landesregierung und beide Räte hatten sich nach den Massakern in Südisrael am 7. Oktober 2023 für ein Verbot der radikalislamischen palästinensischen Terrororganisation ausgesprochen.

Der Entwurf des Bundesrats sieht vor, die Hamas und verwandte Organisationen zunächst für fünf Jahre zu verbieten. Das Parlament hat die Möglichkeit, das Verbot im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren zu verlängern.

 

Hochwasserschutz am Rhein: Geschäft wartet auf Schlussabstimmung

Der Hochwasserschutz im St. Galler Rheintal kann verbessert werden. Der Nationalrat hat die letzten Differenzen zur kleinen Kammer im neuen Alpenrheingesetz bereinigt.

Das Hochwasserschutzprojekt betrifft die insgesamt 26 Kilometer lange Grenzstrecke zu Österreich. Konkret ist geplant, die Abflusskapazität des Alpenrheins von heute 3100 auf 4300 Kubikmeter Wasser pro Sekunde zu erhöhen und die in die Jahre gekommenen Hochwasserdämme zu sanieren. Die Umsetzung des Vorhabens dauert nach Angaben des Bundesrats voraussichtlich bis 2052.

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