Umweltverantwortungs-Initiative

Was will die Initiative?

Die Schweiz soll so produzieren und importieren, dass nur so viele Ressourcen verbraucht und Schadstoffe freigesetzt werden, wie unsere Umwelt verkraftet. Wieviel das genau ist, soll sich aus dem Konzept der planetaren Grenzen ergeben. Für verschiedene Bereiche soll eruiert werden, wie viel Umweltbelastung die Erde aufnehmen kann, bevor die Ökosysteme kippen. Die Schweiz stellt mit rund 9 Millionen Einwohnern ca. 0.1% der 8.2 Milliarden Erdenbürger. Dem entsprechend dürfte Sie auch nur 0.1% der weltweiten Umweltbelastung verursachen.

Das konkrete Ziel der Initiative ist, dass die Schweiz ihre Umweltbelastung innerhalb von zehn Jahren so reduziert, dass die planetaren Grenzen gewahrt bleiben. Die Umsetzung dieser Ziele muss sozialverträglich geschehen.

Kommentar Politbeobachter:

Das wird schwierig. Es folgt ein hoffentlich scharfsinniger Rundumschlag, der allerdings den meisten Lesern irgendwie auf die Füsse treten wird, weil wir halt alle Verantwortung tragen. Vermutlich geht es nicht anders. Wir bitten präventiv um Verzeihung, falls wir Sie etwas verärgern.

Wollen wir auf Pump leben? Die meisten von uns würden diese Frage wohl mit nein beantworten – und trotzdem tun wir genau dies. 2024 hatte die Schweiz Ende Mai die Ressourcen aufgebraucht, die Ihr gemäss den Berechnungen des «Global Footprint Network» für ein Jahr zustehen.

Punkto Finanzen hat die Schweiz dieselbe Logik erfolgreich verinnerlicht – gemäss der Schuldenbremse darf nicht mehr ausgegeben werden, als eingenommen wird. Eigentlich müsste man also Ja zur Umweltverantwortungsinitiative stimmen… aber!

Wir ruinieren unseren Planeten und das Wirtschafts- und Geldsystem, welches uns Wohlstand beschert hat. Dieses setzt auf ewiges Wachstum mit begrenzten Mitteln und das ist das Hauptproblem. Wir sitzen in der Zwickmühle. Wenn wir weitermachen wie bisher funktionierts nicht und, wenn wir in der Schweiz unsere Wirtschaft radikal regulieren, um in 10 Jahren innerhalb der planetaren Grenzen wirtschaften, droht der Schweiz ein wirtschaftlicher Absturz. Wir würden wohl auf dem Niveau von Drittweltländern landen.

Eine Volksinitiative ist zudem vermutlich nicht das Richtige Instrument für einen grundlegenden Wechsel des Wirtschaftssystems, wie er von den aktivistischen Initianten angestrebt wird. Es ist utopisch, damit Mehrheiten zu gewinnen. Dies hat sich bereits beim Bundesrat und im Parlament gezeigt. Alle Parteien ausser die SP und die Grünen haben die Initiative klar zur Ablehnung empfohlen. Sogar die Grünliberalen, denen Umweltanliegen generell wichtig sind, waren dagegen, und mit hoher Wahrscheinlichkeit wird sich auch die Bevölkerung dagegen entscheiden.

Es braucht mehr Commitment und Anstrengungen zur Lösung von Umweltproblemen, doch den Weg, welchen die Initianten eingeschlagen haben, ist klar der Falsche und dient möglicherweise eher der Klientelbewirtschaftung der Jungen Grünen Wählerschaft. Umweltthemen sind wichtig, doch dazu braucht es pragmatische Lösungen, mit denen Mehrheiten gewonnen und tatsächliche Veränderung Schritt für Schritt herbeigeführt werden kann.

Um den gut gemeinten, aber zu radikalen Lösungsversuch der jungen Grünen zum bestehenden Umwelt- und Klimaproblem nicht nur zu zerzausen, folgen ein paar Denkanstösse, welche wir eher als mehrheitsfähig erachten. Wir hoffen, dass sie gesehen und weiterentwickelt werden.

  • Kriege verursachen nebst unfassbarem menschlichem Leid gewaltige Umweltverschmutzung. Wenn die Schweiz einen Beitrag leistet, dass Konflikte schneller enden, hilft dies auch, Umweltverschmutzung zu vermeiden. Eine konsequente Neutralität, damit die Schweiz von allen Kriegsparteien als Vermittler anerkannt wird, ist somit auch ein nützlicher Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz. Mit 59 Millionen Tonnen CO2-Ausstoss verursacht die Kriegsmaschinerie des Pentagon z.B. mehr Emissionen als Marokko, die ganze Schweiz oder Schweden. Ein grosser Teil der Ausgaben, welche für Aufrüstung verwendet werden, sollte in Projekte fliessen, welche helfen, bestehende Umweltprobleme zu lösen.
  • Wir sollten aufhören, Mobilität zu subventionieren. Dass Pendler, welche mit dem Zug täglich mehrere Hundert Kilometer zurücklegen sind genauso ein Problem wie Automobilisten, die für 40 Franken Zehntausende von Kilometern pro Jahr über die Autobahn fahren. Beide tragen nur einen Bruchteil der Kosten, die Sie verursachen und werden für ihr Tun indirekt staatlich subventioniert. Mit dem notwendigen politischen Willen würde sich das ändern lassen.
  • Eine übermässige Fokussierung auf die Reduzierung des CO2 – Ausstosses ist nicht zielführend. Die menschgemachten Kohlenstoffdioxidemissionen sind ein relevanter Faktor, doch bei weitem nicht der Einzige, der unserem Planeten zu schaffen macht. Klar gewarnt werden muss vor dem Irrweg, CO2 zu monetarisieren, aus dem Handel mit Verschmutzungsrechten ein Finanzprodukt zu machen und letztlich CO2-Steuern einzuführen. Die wachstumsgetriebene, kapitalistische Marktwirtschaft hat das Umweltproblem geschaffen und daher kann dieses kaum damit gelöst werden.
  • Ohne Strom geht fast nichts. Um zeitnah dafür zu sorgen, dass die umweltschädlichsten Energieträger nicht mehr zum Zug kommen (Braunkohle, Fracking Gas, thermische Kraftwerke) brauchts wohl ein paar neue AKWs. Das verlagert zwar das Problem auf später und birgt Risiken, ist aber wohl die bessere Wahl, als mit überambitionierten Ausbauplänen für erneuerbare Energien bestehende Wald- und Wiesenflächen für die Stromproduktion zu überbauen. Wir wissen heute, dass der Strombedarf mit der Weiterentwicklung von KI und damit verbunden mit leistungsfähigeren Rechenzentren in den nächsten Jahren stark ansteigen wird. Google hat bereits einen Vertrag zur Erstellung eines Miniatomkraftwerks unterschrieben. Auch Microsoft rekrutiert Nukleartechnologen.
  • Landwirtschaftspolitik: Ein Grossteil der Subventionen für die heimische Landwirtschaft fliesst in die Nutztierhaltung, die im Vergleich zum Anbau von pflanzlichen Lebensmitteln deutlich umweltschädlicher ist. Wenn Subventionierungsmechanismen für die Bauern dahingehend verändert würden, dass diese bessergestellt sind, wenn Sie Ihren Fokus weg von der Nutztierhaltung hin zu pflanzlichen Lebensmitteln verschieben, hätte dies gleich mehrere positive Effekte. Der Selbstversorgungsgrad der Schweiz mit Lebensmitteln würde steigen (und somit auch die Souveränität in politischen Entscheidungen) und die Umwelt geschont (weniger Überdüngung, weniger Trinkwasserverschmutzung, weniger Methanausstoss). Als begrüssenswerter Zusatzeffekt müssten entsprechend weniger Tiere die belastenden Bedingungen einer industrialisierten Intensivmast auf sich nehmen.
  • Ein Faktor für den dramatischen Biodiversitätsverlust ist die exzessive Nutzung von Kunstdünger in der Landwirtschaft. Unter dem Strich muss es für eine grosse Zahl der Landwirtschaftsbetriebe sinnvoll sein, auf den Einsatz solcher meist chemischer Zusatzstoffe zu verzichten. Einzelne besonders schädliche Substanzen müssten wohl verboten werden und wer umweltfreundlich produziert, sollte mehr Subventionen erhalten als bisher.

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