Gelingt die Rekordsammlung?
Die Koalition für Konzernverantwortung lanciert nach der knappen Abstimmungsniederlage im Jahr 2020 eine neue Initiative. Damals stimmten 50.7% der Stimmbürger den Initianten zu, das Anliegen scheiterte aber am Ständemehr. Das Besondere daran: Es wird versucht, die notwendigen 100.000 Unterschriften in nur einem Monat zu sammeln.
Die neue Volksinitiative fordert den Bund auf dafür zu sorgen, dass Schweizer Konzerne und ihre Tochterfirmen im Ausland Menschenrechte und Umweltschutz respektieren. Die neuen Regeln sollen für Konzerne mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden und über 450 Millionen Umsatz gelten. Zudem soll eine unabhängige Aufsicht mittels Stichproben prüfen, ob sich die Konzerne an die Vorgaben halten. Verursachen Unternehmen oder von ihnen kontrollierte Firmen Schäden, sollen sie dafür haften müssen. Wer von Menschenrechtsverletzungen durch Schweizer Konzerne betroffen ist, soll neu vor einem Schweizer Gericht Klage führen können. Die Initianten erachten schärfere Regeln als notwendig, weil sie dokumentiert haben, dass in der Schweiz ansässige Konzerne wie Glencore, Syngenta, Sika oder Nestlé immer wieder Menschenrechte verletzen oder wertvolle Ökosysteme zerstören.
Die Vorzeichen stehen gut, dass der Sammelrekord gelingt. Einen Tag nach der Pressekonferenz zur Lancierung der Initiative sind gemäss der Webseite der Initianten bald 20.000 Unterschriftsbögen eingegangen bzw. ausgefüllt worden. Die rund 90 Nichtregierungsorganisationen, welche die Initiative unterstützen, haben bereits mehrmals ihre Kampagnenkompetenz unter Beweis gestellt. Sie verfügen über grosse Reichweite, motivierte Unterstützer und die notwendigen finanziellen Mittel, um Druck auf die Politik aufzubauen. Eine der letzten eindrücklichen Aktionen der Koalition für Konzernverantwortung war, als im Dezember 2022 die Bundesrätin Karin Keller-Sutter mittels einer Petition mit 217.509 Unterzeichnungen an ihr Versprechen im Abstimmungskampf zur Konzernverantwortungsinitiative von 2020 erinnert wurde. Damals versprach sie, sich für ein «international abgestimmtes» Konzernverantwortungsgesetz und für «gleich lange Spiesse» für Konzerne in der Schweiz und in Europa einzusetzen. Obwohl die EU im Frühling 2024 eine strenge Lieferkettengesetzgebung verabschiedete, gibt es bisher keine nennenswerten Vorschritte, dass auch in der Schweiz ansässige Konzerne eine minimale Verantwortung für ihr Handeln übernehmen müssen.
Dass die Initiative zustande kommen wird, ist so gut wie sicher. Spannend wird primär, wie die Politik auf darauf reagiert und ob bis in einem Monat knapp 100.000 oder gar 150.000 Menschen den Unterschriftenbogen unterzeichnen.