Es wird eingereicht… doch die Frage ist wie.

Eine Volksinitiative über das Sammelstadium zu bringen ist eine Herkulesaufgabe. Um am Ende 100.000 gültige Unterschriften einzureichen, braucht es mindestens drei Voraussetzungen: Einen sechsstelligen Betrag in der Kasse des Initiativkomitees, gute politische Vernetzung mit Partnerschaften, auf die man zählen kann und unzählige motivierte Unterschriftensammlerinnen und Sammler. Damit Volksinitiativen häufiger die Sammelphase überstehen, stellt der Politbeobachter Informationen zu allen laufenden nationalen Initiativen zusammen. Die «Volksinitiative für eine sichere Ernährung» wurde am 16. August mit über 113.000 Unterschriften eingereicht. Diejenige für die Aufarbeitung der Corona-Pandemie ist gescheitert.

Hinter der kürzlich eingereichten Initiative stehen Franziska Herren vom Verein «Sauberes Wasser für alle» und sechs weitere Personen. Herren war bereits treibende Kraft der im Juni 2021 an der Urne abgelehnten Trinkwasserinitiative und versteht es offenbar sehr gut, Allianzen zu schmieden, damit Ihre Ideen an der Urne zu Abstimmung kommen. Die neue Initiative verlangt einen Selbstversorgungsgrad mit Nahrungsmitteln von mindestens siebzig Prozent und möchte die Auslandabhängigkeit reduzieren. Dass die Schweiz heute zu fünfzig Prozent von Importen aus dem Ausland abhängig sei, liege an der hoch subventionierten Produktion tierischer Lebensmittel im Inland und nicht an zu wenig Landwirtschaftsland, schreibt das Initiativkomitee. Auf sechzig Prozent der Ackerflächen würden Futtermittel für Tiere angebaut. Wären es mehr pflanzliche Lebensmittel, könnten je Hektare viel mehr Kalorien produziert werden.

Beim Schweizer Bauernverband stösst das Anliegen der Initiative auf wenig Gegenliebe. Er schreibt auf Anfrage, die «Vegi-Initiative» von Franziska Herren sei eine «Zwängerei». Das Volk habe in den letzten Jahren schliesslich die Trinkwasserinitiative, die Pestizidinitiative und die Massentierhaltungsinitiative abgelehnt. Mit so einer platten Argumentation dürfte an der Urne in 2-3 Jahren keine Abstimmung zu gewinnen sein. Wir hoffen, dass die eingereichte Initiative die notwendigen Anstösse für eine Verbesserung der Subventionspolitik in der Landwirtschaft gibt und sich Gegner und Befürworter respektvoller begegnen als beim letzten Abstimmungskampf.

Betreffend der Aufarbeitungsinitiative geschah, was sich seit längerem abzeichnete. Trotz beachtlichen Anstrengungen haben es die Initianten, welche sich als Vertreter der Bürgerrechtsbewegung bezeichnen, nicht geschafft und können nach 1.5 Jahren Sammeln nur gut 50.000 Unterschriften vorweisen. Auch die Unterstützung der Freunde der Verfassung, des grössten Vereins, welcher sich in den Jahren 2020 und 2021 mit beachtlichem Erfolg gegen die Corona-Massnamen zur Wehr setzte, zeigte nicht ausreichend Wirkung. Erfreulicherweise hat sich das Initiativkomitee entschlossen, die mit grossem Aufwand gesammelten, gut 50.000 Unterschriften mindestens als Petition einzureichen. Dies hat deutlich weniger politische Wirkung als eine Volksinitiative, ist aber trotzdem ein wichtiges Zeichen an die Politik. Die Einreichung an die Bundeskanzlei erfolgt am 28. August um 15:00 auf der Bundesterrasse in Bern.

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