Vernehmlassungen schreiben – bringts das?

Wer mitbestimmen will, muss sich Gehör verschaffen. Deshalb hat der Politbeobachter in den letzten Monaten an zahlreichen Vernehmlassungsverfahren mitgewirkt und auf fehlende Kompatibilität mit der Bundesverfassung hingewiesen, wie zum Beispiel beim Militärgesetz, Postgesetz, Epidemiengesetz und vielen weiteren.

Ein Schritt zurück: Als Vernehmlassungsverfahren wird diejenige Phase bezeichnet, in welcher Gesetzentwürfe auf ihre sachliche Richtigkeit, Vollzugstauglichkeit und Akzeptanz hin geprüft werden. Zweifelsohne zählen die Rückmeldungen der Kantone, der grossen Parteien und der Wirtschafts- und Gemeindeverbände am meisten. Doch auch «interessierte Kreise» und somit Vereine oder einzelne Bürger, dürfen gemäss Vernehmlassungsgesetz (VIG) an «der Meinungsbildung und Entscheidungsfindung des Bundes beteiligen.

Wenn der Bund mit Vernehmlassungsantworten von einzelnen Bürgern geflutet wird, führt dies zu hohem Aufwand und bewirkt ein unnötiges Aufblähen der Verwaltung. So die Voten von Mitbürgern, welche das meiste was unsere Politiker beschliessen, abnicken. Stimmt das? Im Vergleich zu Schäden, welche sich aus schlechten Gesetzen ergeben können, sind die Zusatzkosten in der Verwaltung einigermassen überschaubar. Ein Beispiel sagt alles: Im ersten Quartal dieses Jahres wurde die Vernehmlassung zur Revision des Epidemiengesetzes durchgeführt. Besonders zu diskutieren, gaben dabei die Massnamen zur Pandemiebekämpfung, welche vom Covid-Gesetz ins Epidemiengesetz überführt werden sollen. Nimmt man diese genau unter die Lupe ist in der Rückschau klar zu erkennen, dass sich diese als weitestgehend nutzlos erwiesen haben. Die Corona-Massnahmen haben auf Bundesebene Schulden von 30-40 Milliarden hinterlassen, welche nun zulasten von Investitionen in Bildung, Landesverteidigung, Infrastruktur und anderen Ausgabeposten über die nächsten Jahre abgestottert werden müssen. Und nun wird im Ernst argumentiert man, solle das Schreiben von Vernehmlassungsantworten bleiben lassen, um Kosten zu sparen? Vernehmlassungen zu schreiben bringts!

Ein guter Lösungsansatz für mehr Kosteneffizienz im Vernehmlassungsprozess kommt bezeichnenderweise von einem Start-up und nicht aus der Verwaltung selbst. Ende April ist die Plattform demokratis.ch online gegangen. Die Antworten und Berichte zu rund 4700 Vernehmlassungsverfahren von Bund und Kantone seit 1992 sind in einer übersichtlichen Datenbank abrufbar. Ein interessanter Fundus für jeden, der sich künftig aktiv einbringen will. Die Plattform ist noch im Aufbau. Seit Sommer bietet die Plattform Testnutzern die Möglichkeit, Stellungnahmen zu einzelnen Vernehmlassungen selbst zu verfassen und zu versenden. Später soll gemäss den Initianten des Projekts auch organisationsübergreifendes Schreiben von Vernehmlassungsantworten möglich sein. Wenn sich die Plattform künftig durchsetzt, wird’s für mindestens zwei Parteien einfacher. Die Verwaltung profitiert von einem standardisierten Format der Vernehmlassungen und dem digitalen Prozess, welcher von Demokratis.ch gefördert wird. Die Zivilgesellschaft nützt Demokratis.ch durch den grossen Fundus an existierenden Stellungnahmen, die sich weiterentwickeln und in die eigene Argumentation einbauen lassen.

Ein Optimierungsbereich blieb jedoch bis jetzt unerwähnt und dies ist der mit Abstand grösste. Politiker und ihre Ausführungsgehilfen in der Verwaltung, welche Gesetzesentwürfe tatsächlich schreiben, müssen begreifen, dass neue Gesetze mit der Bundesverfassung kompatibel sein müssen. Ist dies nicht der Fall, gibt es nebst zahlreichen anderen, mit dem Politbeobachter seit diesem Jahr einen neuen Akteur, welcher genau hinschaut. Helfen Sie mit und unterstützen sie unsere Arbeit, mit einem Gönnerbeitrag oder einer Spende.

Bisher eingereichte Vernehmlassungsantworten des Politbeobachters:

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