RKI-Files: SRF wird gerügt und Schweizer Konzernmedien versagen

Es ist unbequem, Fehler einzugestehen – man hat gerne Recht. Was für viele von uns gilt, trifft auch für Konzerne zu. Wenn diesen staatspolitisch eine wichtige Aufgabe zukommt, ist dies jedoch sehr problematisch. Wie haben reichweitenstarke Medien auf die Veröffentlichung der RKI-Files reagiert?

Was bisher geschah: Der Journalist Paul Schreyer erzwang mit rechtlichen Schritten die Freigabe von RKI-Sitzungsprotokollen (Robert Koch Institut) und stellte diese über sein Onlinemagazin Multipolar am 20. März 2024 der breiten Öffentlichkeit zur Verfügung. Das RKI war eine der wichtigsten beratenden Instanzen der deutschen Bundesregierung betreffend der Corona-Politik und auch die offizielle Schweiz berief sich in dieser Zeit immer wieder auf Entscheidungen des deutschen Forschungsinstituts. Verschiedene Beanstandungen kritisierten im März 2024 bei der Ombudsstelle, dass SRF nicht über die RKI-Protokolle berichtete, und bekamen Recht. Die SRF-Redaktion verteidigte Ihre Entscheidung des «Nichtberichtens» mit der Begründung, es sei unklar, ob die teilgeschwärzten Protokolle neu Erkenntnisse enthielten und dass andere grosse Medienhäuser auch nicht berichtet hätten. Am 21. August 2024 stellte die Ombudsstelle fest: Die Nichtberichterstattung ist eine Verletzung des Vielfaltsgebots gemäss Art. 4 Abs. 4 des Radio- und Fernsehgesetzes.

Die Einsicht bei der Ombudsstelle hat kaum Konsequenzen – ausser, dass sich die SRF-Konkurrenz freut. Während der Blick, 20Minuten, NZZ und weitere Hauptmedien bei der Veröffentlichung der RKI-Papers im März meist beschwichtigten und relativierten, berichteten Sie am 23. August prominent über den Fehler bei SRF. Offenbar haben diese Medien nicht bemerkt, dass sie sich kaum besser verhalten, und zwar über den SRF-Fehler aber nicht vertieft über die Inhalte der RKI-Papers berichten. Wussten Sie nicht, dass seit dem 23. Juli 2024 die vollständig entschwärzten RKI-Protokolle (inkl. erweiterter Zeitraum 2020 –2023) sowie umfangreiches Zusatzmaterial dazu öffentlich war?  Ein ehemaliger RKI-Mitarbeiter hat die Dokumente an die Journalistin Aya Velázquez geleakt und wichtige Neuigkeiten wurden in einer Pressekonferenz vorgestellt.

Fehlende Beichterstattung beim SRF zu wichtigen, geleakten Dokumenten ist kein neues Thema. Bereits im Jahr 2022 wurden die brisanten Twitter-Files nicht erwähnt. Im Gegensatz zur Beschwerde zu den RKI-Files, landete die Beschwerde zu den Twitter-Files bei der zweiten Instanz und wurde nach kontroversen Diskussionen aus eher formalen Gründen abgelehnt.

Wir kritisieren und versuchen, es mit bescheidenen Mitteln besser zu machen. Daher zitieren wir einige interessante Ausschnitte aus den rund 4.000 Seiten der RKI-Files direkt.

«In den Medien wird von einer Pandemie der ungeimpften gesprochen. Aus fachlicher Sicht ist dies nicht korrekt.»

«Die Forderungen nach der Booster Impfung kamen von Pfizer und der Politik.»

«Es ist ungünstig und gefährlich, wenn Masken von Laien benutzt werden.»

 «Da Corona für Kinder keine signifikante Gefahr darstellte, gab es nie einen medizinischen Grund für eine bedingt zugelassene und experimentelle Impfung die, wie von Anfang an klar war, nur, wenn überhaupt, einen Selbstschutz bot. Pädiatrische Fachverbände stehen der Impfung von Kindern zurückhaltend gegenüber. Die Politik bereitet bereits Impfaktionen vor, damit die entsprechenden Jahrgänge zum Ferienende geimpft sind.»

Die in der Öffentlichkeit verbreitete These, dass die rund 1.000 RKI-Mitarbeitenden wissenschaftlich gearbeitet haben, mit den Erkenntnissen die Politik unterstützten und die Politik der Wissenschaft gefolgt ist, wurde falsifiziert. Oft war der Prozess eher umgekehrt. Das ist ein Skandal erster Güte über welchen jeder Journalist berichten muss, der seinen Job gewissenhaft macht. Apropos: Unabhängigen Journalismus gibt es nur, wenn er auch finanziell unterstützt wird. Am Anfang des ganzen Skandals rund um die RKI-Files stand Paul Schreyer. Als Inhaber des Alternativmediums Multipolar freut er sich nicht nur über Klicks, sondern auch über Spenden für seinen investigativen Journalismus.

Wer entscheidet, was ausgewogene Berichterstattung ist und was tun bei unausgewogener Berichterstattung?

Im Bundesgesetz über Radio und Fernsehen (RTVG) werden die Mindestanforderungen an den Programminhalt definiert. Damit wird versucht, den in der Bundeverfassung verankerten Auftrag von Radio und Fernsehen zur «freien Meinungsbildung» umzusetzen. Wer mit der Berichterstattung in einem Medium nicht zufrieden ist, kann sich innerhalb von 20 Tagen an die Ombudsstelle der SRG wenden. Dort wird geprüft, ob ein Beitrag sachgerecht war und die wichtigsten Fakten genannt wurden. 2023 sind dort etwas über achthundert Beanstandungen eingegangen. In rund 5% der Fälle stellte die Ombudsstelle eine nicht sachgerechte Berichterstattung fest. Meist führen solche Feststellungen zu einer Korrektur von Beiträgen im Archiv, nicht jedoch zu einer Richtigstellung zu prominenter Sendezeit. Ist ein Beschwerdeführer mit der Einschätzung der Ombudsstelle nicht einverstanden, kann er die Beurteilung an das UBI (unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen) weiterziehen. Falls die beteiligten Parteien einen Entscheid des UBI weiterziehen, muss der Sachverhalt letztinstanzlich vom Bundesgericht beurteilt werden.

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