Ausweispflicht für Social Media mit E-ID gefordert
Eine gute Problemanalyse und gefährliche Schlussfolgerung. In etwa so lässt sich das Referat von Spaniens Premierminister Pedro Sanchez am diesjährigen WEF zusammenfasen. Es zeigt auf «wohin die Reise mit der E-ID» gehen kann und möglicherweise sogar soll. Die Gefahr einer Ausweispflicht mittels E-ID für das Nutzen von Social Media Plattformen und/oder fürs Internet ist real. Grund genug das E-ID Referendum noch heute zu unterstützen.
Sanchez erklärt in seiner Rede drei Problemfelder von Social-Media Plattformen, die aus seiner Sicht die Demokratie negativ beeinflussen und gefährden. Es lohnt sich seine Argumente anzuhören.
- Er warnt vor einer unzulässigen Vereinfachung und Polarisierung der öffentlichen Debatte, weil komplexe Sachverhalte nicht mittels 30 Sekunden Videos oder Likes und Memes dargestellt werden können. Kommentar: Hier hat er wohl recht.
- Über Social Media komme viel Fake-News und Desinformation in Umlauf. Dass Falschinformation geteilt würde, sei etwa 70% wahrscheinlicher als dies bei korrekter Information sei. Aufgrund der kommerziellen Interessen seien Plattformen bewusst ignorant gegenüber der Verbreitung von Falschinformation, denn mehr «Klicks» bedeute auch höhere Werbeeinnahmen. Kommentar: In diesem Argument fehlt der Aspekt, dass auch sonst vielerorts Falschinformation in Umlauf gelangt und sich der Einsatz von «Faktenchecker» nicht wirklich bewährt hat. Dies hat jüngst auch der Meta CEO Mark Zuckerberg verlauten lassen.
- «Likes drohten Wahlen zu ersetzen und beeinflussten diese systematisch – so Sanchez. Rund 1/3 aller Social Media Proflie sei falsch und bestehe aus Bots. Dadurch würden die 5-6 Milliarden Social Media Nutzer manipuliert die freie Meinungsbildung, welche für Demokratien unerlässlich ist, empfindlich gestört. Zudem beabsichtigten Tech-Milliardäre mit Ihren Social Media Plattformen Demokratien zu manipulieren und zu untergraben. Kommentar: Falsche Profile sind ein Problem und die Tech-Tycoone sind machthungrig. Wie bedrohlich dies ist, kann nur schwer abgeschätzt werden.
Aus einer grundsätzlich vernünftigen Problemanalyse muss nicht zwingend eine clevere Schlussfolgerung resultieren. Dies zeigt sich sehr deutlich anhand der Rede von Spaniens Premierminister. Um «Social Media zur retten» schlägt er folgendes vor:
- Social Media Plattformen müssten dazu gezwungen werden jedes Benutzerprofil mit einem europäischen digitalen Identitiy wallet zu verknüpfen. Kommentar: Sanchez will eine Ausweispflicht mittels E-ID für die Nutzung von Social Media. Dies wäre ein sehr grosser Schritt hin zu einer Ausweispflicht im Internet und ein Albtraum für alle Menschen, denen ein Minimum an digitaler Integrität wichtig ist. Bestimmt gibt es andere Mittel, um Bots zu entlarven und deren Profile zu löschen, als alle ehrlichen Nutzer mittels E-ID zu identifizieren.
- Die Algorithmen der Plattformen müssten offengelegt werden und wieder vermehrt Fakten Checker zum Einsatz kommen. Zudem müsste der Digital Service Act konsequent umgesetzt werden. Kommentar: Während unterdessen bekannt ist, dass Fakten Checker zur Wahrheitsfindung wenig taugen, sind geheime Algorithmen mächtige Instrumente für die Eigentümer der Plattformen um Inhalten, denen Sie mehr Sichtbarkeit gewähren wollen, diese zu verleihen. Ob und wie oft diese von dieser Möglichkeit tatsächlich Gebrauch machen, ist schwer abzuschätzen. Mehr Transparenz ist hier sicherlich wünschenswert.
- Als letztes schlägt Sanchez die persönliche Haftbarkeit von Plattform-Eigentümern vor. Kommentar: Dies hätte mit Sicherheit disziplinierende Wirkung, könnte aber übers Ziel hinausschiessen.
Die Gefahr für die Demokratie durch eine Ausweispflicht im Internet, ist vermutlich deutlich grösser als jene, die von den genannten Problemfeldern auf Social Media Plattformen ausgeht. Mit etwas Medienkompetenz ist bekannt, dass solche Plattformen der Unterhaltung dienen, aber Journalismus nicht ersetzen und sicherlich nicht die Hauptquellen bei der Meinungsbildung zu komplexen politischen Themen sein dürfen.
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