Was will die Initiative verändern?
Mit einem Strauss an Massnahmen grössere Veränderungen in der Asylpolitik bewirken. Konkret ist folgendes angedacht:
- Es sollen wieder systematische Grenzkontrollen eingeführt werden. Für Grenzgänger sind vereinfachte Verfahren angedacht. Wer keinen gültigen Aufenthaltstitel oder anderweitige Berechtigung hat, kann nicht einreisen.
- Personen, die über einen sicheren Drittstaat einreisen, um in der Schweiz ein Asylgesuch zu stellen, wird keine Einreise und kein Asyl gewährt. Eine vorläufige Aufnahme ist ausgeschlossen. Ausgenommen von dieser Regelung sind Bürgerinnen und Bürger von angrenzenden Staaten.
- Der Bundesrat erhält ein jährliches Asylgewährungskontingent von höchstens 5000 Personen. So soll «echten Flüchtlingen» die wegen ihrer Ethnie, Religionszugehörigkeit, Staatsbürgerschaft, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen bedroht sind, Asyl gewährt werden.
- Behörden, Kantone und Gemeinden melden dem Bund Menschen die sich ohne gültige Aufenthaltstitel oder Einreiseberechtigung in der Schweiz aufhalten. Der Bund stellt in Zusammenarbeit mit den Kantonen sicher, dass illegal eingereiste oder sich illegal in der Schweiz aufhaltende Personen das Land innerhalb von längstens 90 Tagen verlassen.
Kommentar Politbeobachter:
Gegen die Bestrebung der Widereinführung von systematischen Grenzkontrollen ist in Anbetracht der hohen Anzahl Menschen, welche sich illegal in der Schweiz aufhalten nachvollziehbar und naheliegend. Auch zahlreiche EU-Staaten haben bereits Kontrollen an ihren Grenzen eingeführt. Mit Kosten von 1-2 Milliarden pro Jahr und Wartezeiten beim Grenzübertritt hat dies jedoch einen hohen Preis. Die durch komplett offene Grenzen mitverursachten Missstände im Asylwesen, welche damit bekämpft werden sollen, jedoch auch. Gemäss Schengen/Dublin-Abkommen sind temporäre Grenzkontrollen zwar erlaubt, diese dauerhaft einzuführen ist aber nicht vorgesehen. Da bereits andere Länder in Europa – insbesondere Italien – wichtige Bestandteile dieses Abkommens ignorieren, ist ein allfälliger Verstoss gegen das Schengen/Dublin-Abkommen jedoch ein schwaches Argument gegen die Grenzschutzinitiative.
Es ist wichtig, dass die Schweiz einen klaren Unterschied macht zwischen humanitären Flüchtlingen (Bedrohung durch Krieg, Verfolgung oder ähnliches im Heimatland) und Wirtschaftsflüchtlingen. Wenn die Menschen welche ankommen aber weder Dokumente haben, noch eine europäische Sprache beherrschen, ist eine schnelle und zuverlässige Unterscheidung oft schwierig.
Im vergangenen Jahr haben gemäss SEM (Sekretariat für Migration) knapp 6000 Personen in der Schweiz Asyl erhalten. Damit stellt sich die Frage, was geschehen würde, wenn künftig mehr als 5000 Personen die Flüchtlingskriterien erfüllen. Würde die Schweiz diese in ihr Herkunftsland zurückschicken, würde sie gegen das Non-Refoulement-Prinzip verstossen, einen wichtigen Pfeiler der Genfer Flüchtlingskonvention. Zumal sich bei einer Annahme der Initiative keine Asylsuchenden aus sichern Drittstaaten (Nachbarländer gelten als solche) einreisen dürften, ist jedoch wenig wahrscheinlich, dass die Obergrenze erreicht würde. Trotzdem steht der fixe Grenzwert, wenn er greifen würde, im direkten Widerspruch zu Artikel 25 der Bundesverfassung. Dieser besagt: «Niemand darf in einen Staat ausgeschafft werden, in dem ihm Folter oder eine andere Art grausamer oder unmenschlicher Behandlung oder Bestrafung droht.»
Ebenfalls nicht dem Artikel 25 kompatibel ist der erste Absatz der Übergangsbestimmungen. «Nach Annahme von Artikel 57a durch Volk und Stände werden keine vorläufigen Aufnahmen mehr gewährt und keine neuen Ausweise für vorläufig Aufgenommene mehr ausgestellt». Vorläufig Aufgenommene (Ausweis F) sind Personen, die aus der Schweiz weggewiesen wurden, wobei sich aber der Vollzug der Wegweisung als unzulässig (Verstoss gegen Völkerrecht), unzumutbar (konkrete Gefährdung) oder unmöglich (vollzugstechnische Gründe) erwiesen hat. Zumal der Ausweis F eine Laufzeit von maximal 12 Monaten hat, ist die Konsequenz, dass bei Annahme der Initiative alle Menschen welche heute als vorläufig aufgenommen gelten, das Land innerhalb von rund einem Jahr verlassen müssten. Ende 2022 hätte dies rund 45.000 Menschen betroffen. Wer im Heimatland ernsthaft bedroht ist oder in der Schweiz ein „besseres Leben“ sucht, wird wohl eher in die Illegalität abtauchen als sich ausliefern lassen.
Gemäss SEM reist heute die Mehrheit der Menschen, die Asyl beantragen, illegal ein. In welches sichere Herkunftsland will man dann abgelehnte Asylbewerber und Leute, die sich illegal hier aufhalten abschieben? Deutschland, Frankreich oder Italien? Die Antwort ist unklar und eine praktische Umsetzung der Ausschaffung dürfte das Verhältnis zu den Nachbarländern belasten.
Der Absatz 7 der den Umgang mit Arbeitsverträgen im Initiativtext regelt, irritiert. Ein Arbeitgeber macht sich heute schon strafbar, wenn er jemand anstellt ohne gültige Niederlassungsbewilligung.
Resümee:
Die Initiative versucht, die Missstände im Asylwesen anzugehen, berücksichtigt aber die humanitäre Tradition, das zwingende Völkerrecht und auch die eigene Verfassung unzureichend.
Was will die Initiative verändern?
Mit einem Strauss an Massnahmen grössere Veränderungen in der Asylpolitik bewirken. Konkret ist folgendes angedacht:
- Es sollen wieder systematische Grenzkontrollen eingeführt werden. Für Grenzgänger sind vereinfachte Verfahren angedacht. Wer keinen gültigen Aufenthaltstitel oder anderweitige Berechtigung hat, kann nicht einreisen.
- Personen, die über einen sicheren Drittstaat einreisen, um in der Schweiz ein Asylgesuch zu stellen, wird keine Einreise und kein Asyl gewährt. Eine vorläufige Aufnahme ist ausgeschlossen. Ausgenommen von dieser Regelung sind Bürgerinnen und Bürger von angrenzenden Staaten.
- Der Bundesrat erhält ein jährliches Asylgewährungskontingent von höchstens 5000 Personen. So soll «echten Flüchtlingen» die wegen ihrer Ethnie, Religionszugehörigkeit, Staatsbürgerschaft, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen bedroht sind, Asyl gewährt werden.
- Behörden, Kantone und Gemeinden melden dem Bund Menschen die sich ohne gültige Aufenthaltstitel oder Einreiseberechtigung in der Schweiz aufhalten. Der Bund stellt in Zusammenarbeit mit den Kantonen sicher, dass illegal eingereiste oder sich illegal in der Schweiz aufhaltende Personen das Land innerhalb von längstens 90 Tagen verlassen.
Kommentar Politbeobachter:
Gegen die Bestrebung der Widereinführung von systematischen Grenzkontrollen ist in Anbetracht der hohen Anzahl Menschen, welche sich illegal in der Schweiz aufhalten nachvollziehbar und naheliegend. Auch zahlreiche EU-Staaten haben bereits Kontrollen an ihren Grenzen eingeführt. Mit Kosten von 1-2 Milliarden pro Jahr und Wartezeiten beim Grenzübertritt hat dies jedoch einen hohen Preis. Die durch komplett offene Grenzen mitverursachten Missstände im Asylwesen, welche damit bekämpft werden sollen, jedoch auch. Gemäss Schengen/Dublin-Abkommen sind temporäre Grenzkontrollen zwar erlaubt, diese dauerhaft einzuführen ist aber nicht vorgesehen. Da bereits andere Länder in Europa – insbesondere Italien – wichtige Bestandteile dieses Abkommens ignorieren, ist ein allfälliger Verstoss gegen das Schengen/Dublin-Abkommen jedoch ein schwaches Argument gegen die Grenzschutzinitiative.
Es ist wichtig, dass die Schweiz einen klaren Unterschied macht zwischen humanitären Flüchtlingen (Bedrohung durch Krieg, Verfolgung oder ähnliches im Heimatland) und Wirtschaftsflüchtlingen. Wenn die Menschen welche ankommen aber weder Dokumente haben, noch eine europäische Sprache beherrschen, ist eine schnelle und zuverlässige Unterscheidung oft schwierig.
Im vergangenen Jahr haben gemäss SEM (Sekretariat für Migration) knapp 6000 Personen in der Schweiz Asyl erhalten. Damit stellt sich die Frage, was geschehen würde, wenn künftig mehr als 5000 Personen die Flüchtlingskriterien erfüllen. Würde die Schweiz diese in ihr Herkunftsland zurückschicken, würde sie gegen das Non-Refoulement-Prinzip verstossen, einen wichtigen Pfeiler der Genfer Flüchtlingskonvention. Zumal sich bei einer Annahme der Initiative keine Asylsuchenden aus sichern Drittstaaten (Nachbarländer gelten als solche) einreisen dürften, ist jedoch wenig wahrscheinlich, dass die Obergrenze erreicht würde. Trotzdem steht der fixe Grenzwert, wenn er greifen würde, im direkten Widerspruch zu Artikel 25 der Bundesverfassung. Dieser besagt: «Niemand darf in einen Staat ausgeschafft werden, in dem ihm Folter oder eine andere Art grausamer oder unmenschlicher Behandlung oder Bestrafung droht.»
Ebenfalls nicht dem Artikel 25 kompatibel ist der erste Absatz der Übergangsbestimmungen. «Nach Annahme von Artikel 57a durch Volk und Stände werden keine vorläufigen Aufnahmen mehr gewährt und keine neuen Ausweise für vorläufig Aufgenommene mehr ausgestellt». Vorläufig Aufgenommene (Ausweis F) sind Personen, die aus der Schweiz weggewiesen wurden, wobei sich aber der Vollzug der Wegweisung als unzulässig (Verstoss gegen Völkerrecht), unzumutbar (konkrete Gefährdung) oder unmöglich (vollzugstechnische Gründe) erwiesen hat. Zumal der Ausweis F eine Laufzeit von maximal 12 Monaten hat, ist die Konsequenz, dass bei Annahme der Initiative alle Menschen welche heute als vorläufig aufgenommen gelten, das Land innerhalb von rund einem Jahr verlassen müssten. Ende 2022 hätte dies rund 45.000 Menschen betroffen. Wer im Heimatland ernsthaft bedroht ist oder in der Schweiz ein „besseres Leben“ sucht, wird wohl eher in die Illegalität abtauchen als sich ausliefern lassen.
Gemäss SEM reist heute die Mehrheit der Menschen, die Asyl beantragen, illegal ein. In welches sichere Herkunftsland will man dann abgelehnte Asylbewerber und Leute, die sich illegal hier aufhalten abschieben? Deutschland, Frankreich oder Italien? Die Antwort ist unklar und eine praktische Umsetzung der Ausschaffung dürfte das Verhältnis zu den Nachbarländern belasten.
Der Absatz 7 der den Umgang mit Arbeitsverträgen im Initiativtext regelt, irritiert. Ein Arbeitgeber macht sich heute schon strafbar, wenn er jemand anstellt ohne gültige Niederlassungsbewilligung.
Resümee:
Die Initiative versucht, die Missstände im Asylwesen anzugehen, berücksichtigt aber die humanitäre Tradition, das zwingende Völkerrecht und auch die eigene Verfassung unzureichend.