Nullnummer wegen fehlender Neutralität

Am 15. Juni erklärte NZZ-Ausland-Redakteur Andreas Rüesch, wie „diese kuriose Grossveranstaltung“ auf dem Bürgenstock „aus dem Hut gezaubert“ wurde. Und er schilderte das Minenfeld, in welchem sich die Schweiz bei der Organisation der Konferenz aus seiner Sicht bewegt. Grotesk ist jedoch seine Ansicht, dass «Sicherheit in Europa nicht mit, sondern gegen Russland entsteht». Nicht nur die SVP und alternative Medien zweifelten im Vorfeld an der Sinnhaftigkeit des Gipfels – wenn auch auf unterschiedliche Weise.
Den wertvollsten Beitrag in internationalen Konflikten könnte die Schweiz leisten, indem Sie als neutraler Staat Raum für zielgerichtete Verhandlungen zwischen den Parteien fördert. Spätestens seit der Übernahme der EU-Sanktionen zum Ukraine Konflikt ist die Schweiz kein neutraler Akteur mehr und die Beziehungen zu Russland sind angespannt. Deshalb fehlte eine Konfliktpartei. Die beiden Schweizer Protagonisten auf dem Bürgenstock, Viola Amherd und Ignazio Cassis, haben mit ihrer Politik in den letzten Jahren zu guten Teilen selbst verursacht, dass die Konferenz auf dem Bürgenstock ein Flop war – schade. Selbst die besten PR-Stäbe der Bundesräte und das SRF tun sich schwer der Konferenz ernsthafte Erfolge zuzuschreiben. Die Bilder von einem der schönsten Hotels und der schönen Schweizer Landschaft gingen jedoch um die Welt. Für eine korrekte Finanzbuchhaltung 2024 müsste der Bund die Konferenzkosten wohl eher beim Standortmarketing als beim Aussendepartement belasten.

Die Erwartungen an das Treffen waren bescheiden und wurden untertroffen. Viele Solidaritätsbekundungen für die Ukraine, aber keine handfesten Resultate. Nur gut 80 von rund 100 Delegationen haben die inhaltlich bescheidene Abschlusserklärung unterschrieben. Keine Unterstützung gab es von den Brics-Staaten. Es hat sich gezeigt, dass die Unterstützung für die Ukraine nicht weltweit vorhanden, sondern primär westlich ist. Der Umstand, dass bisher kein anderer Staat sich bereit erklärt hat ein weiteres Gipfeltreffen zu organisieren, muss als Misserfolg gewertet werden. Auch Sebastian Ramspeck, Internationaler Korrespondent von SRF, musste feststellen: «Ob der Bürgenstock-Gipfel einen Friedensprozess angestossen hat, ist damit mehr als fraglich.» Die russische Nachrichtenagentur schrieb, Russland hoffe, dass der Konflikt beim nächsten Mal auf einer konstruktiveren Veranstaltung diskutiert werde.
Am zweiten Tag der Konferenz gratulierte US-Sicherheitsberater Jake Sullivan der Schweiz zur Durchführung des Gipfels. Dieser sei ein «Riesenerfolg», so Sullivan. Aus Sicht der USA ist dies wohl korrekt – ein Treffen unter Freunden hat stattgefunden. Der US-Berater nennt die Prinzipien der UNO-Charta und unterstreicht das Prinzip, dass keine Nation eine andere unabhängige Nation angreifen dürfe. Die Ironie dabei: Die USA ist mit grossem Abstand die Nation, welche die UNO-Charta durch zahlreiche völkerrechtswidrige Kriege in den letzten Jahrzehnten am häufigsten gebrochen hat. Was Sullivan betreibt, ist erwiesenermassen Heuchlerei.

Der Verweis auf die UNO-Charta wichtig. Sie stellt die wohl beste Richtschnur in der Beurteilung internationaler Konflikte dar und man muss klar benennen, dass Russland im Jahr 2022, als der Ukrainekrieg eskalierte, Völkerrecht gebrochen hat. Doch reicht es aus, nur die letzten zwei Jahre zu betrachten oder sind der Intervention Russlands in der Ukraine andere Verstösse gegen die UNO-Charta vorangegangen, welche die Sicherheitsinteressen Russlands verletzt haben?
Bei Kriegen sind die genauen Auslöser oft erst Jahrzehnte später bekannt und schon oft haben sich angebliche «Kriegsgründe» im Nachhinein als platte Lügen herausgestellt. In Anbetracht dessen, sollte man es unterlassen Konfliktparteien in die Kategorien «Aggressor» und «Opfer» einzuteilen, wie dies bei der Berichterstattung zum sogenannten «Friedensgipfel» oft der Fall war. Das Einzige, was hilft, um sich ein möglichst realistisches Bild zu einem Konflikt zu machen, ist sich an verschiedenen Orten zu informieren. Bemerkenswert in diesem Kontext ist das vor rund zwei Wochen erschienene Interview des amerikanischen Journalisten Tucker Carlson mit dem US-Ökonom Jeffrey D. Sachs, der langjährige enge Kontakte in die amerikanische Politik pflegt. Auch wenn nur die Hälfte von dem stimmen würde, was Sachs betreffend dem Ukraine-Konflikt erklärt, ergäbe sich ein ganz anderes Bild als das aus den europäischen Hauptmedien bekannte Narrativ.
Was auch immer die genauen Hintergründe des Konflikts sind: Putin, Biden und Selenski sollen sich zusammen an einen Tisch setzen, und das Blutvergiessen möglichst schnell beenden.
Quellen:
Summit on Peace in Ukraine : Joint Communiqué on a Peace Framework:
https://www.eda.admin.ch/eda/en/fdfa/fdfa/aktuell/dossiers/konferenz-zum-frieden-ukraine/Summit-on-Peace-in-ukraine-joint-communique-on-a-peace-framework.html