Sommersessionsinfo 2024 – erste Woche
Vom 27. Mai bis zum 14. Juni 2024 findet die Sommersession von National- und Ständerat statt. Die Traktandenlisten der Räte sind lang und zahlreiche wichtige Geschäfte stehen an. Der Politbeobachter berichtet während der Session im Wochenrhythmus über wichtige getroffene Entscheide und laufende Debatten – ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
Afghaninnen erhalten weiterhin Asyl:
Die im Sommer 2023 eingeführte Asylpraxis bleibt bestehen. Der Nationalrat hat eine Motion von Gregor Rutz äusserst knapp abgelehnt, die den entsprechenden Entscheid rückgängig machen wollte. 91 Parlamentarier wollten korrigieren, dass die «Merkmale» Geschlecht und Nationalität im Fall von Afghaninnen in der Praxis ausreichen, um Asyl in der Schweiz zu bekommen, 92 waren jedoch dagegen und somit bleibt fast alles wie bisher. Die Motion im Detail.
Der Nationalrat entschied sich für den «Lösungsansatz» der vorberatenden Kommission. Diese verlangt, dass jedes Gesuch einzeln geprüft wird und dass allenfalls nachreisende Männer einer Sicherheitsprüfung unterzogen werden. Die tieferen Hürden für Afghaninnen bleiben damit im Grundsatz bestehen.
Keine erhöhte Transparenz bei Nebeneinkünften im Parlament
Die Mitglieder des eidgenössischen Parlaments müssen keine zusätzlichen Angaben über die Höhe ihrer Nebeneinkünfte machen. Der Ständerat lehnt eine entsprechende parlamentarische Initiative der ehemaligen Genfer Ständerätin Lisa Mazzone mit 22 zu 18 Stimmen ab. Die Initiative wollte, dass die Parlamentsmitglieder den Beginn und die Spanne der Entschädigung ihrer nebenamtlichen Tätigkeiten und Mandate offenlegen müssen. Die Mehrheit des Ständerats will davon aber nichts wissen und ist der Meinung, die Angabe der Tätigkeiten und Mandate, wie sie jetzt schon erforderlich ist, genüge. Die Vorlage ist damit vom Tisch.
Millionen für Digitalisierung im Gesundheitswesen
Das Parlament will die Digitalisierung im Gesundheitswesen mit einem millionenschweren Förderprogramm vorwärtsbringen. Als Zweitrat hat der Ständerat für die kommenden zehn Jahre einen Verpflichtungskredit von knapp 400 Millionen Franken genehmigt. Das ganze Programm umfasst rund 50 Projekte. Der Bundesrat veranschlagt die Gesamtkosten auf 623 Millionen Franken.
Räte uneins über Verwahrung von Wiederholungstätern
Der Ständerat will keine systematische Verwahrung von Wiederholungstätern bei schweren Verbrechen. Zudem lehnt er es ab, die Höchststrafe für Mord im Jugendstrafrecht von vier auf sechs Jahre zu erhöhen. Die kleine Kammer hält damit bei der Revision des Strafgesetzbuchs und des Jugendstrafgesetzes an zwei gewichtigen Differenzen fest.
Hinsichtlich der Verwahrung von erwachsenen Wiederholungstätern folgte die kleine Kammer oppositionslos dem Antrag der vorberatenden Kommission. Das Geschäft geht zurück an den Nationalrat.
Gebühren für ETH-Studierende aus dem Ausland sollen erhöht werden
Studierende aus dem Ausland sollen an der ETH Zürich und der EPFL Lausanne künftig mindestens dreimal so hohe Studiengebühren bezahlen müssen wie Studierende aus der Schweiz. Das will der Nationalrat. Heute sind dort die Gebühren für alle Studierenden gleich hoch. Im Nationalrat hiess es, an renommierten ausländischen Hochschulen zahlten Schweizer Studierende bis zum 40-fachen des Betrags, den Schweizer oder ausländische Studierende in der Schweiz bezahlten. Dabei gehörten gerade die Schweizer ETH in Lausanne und Zürich auch zur Weltspitze. Die Schweizer Studiengebühren gehörten weltweit zu den niedrigsten. Auch bei einer Verdreifachung der Gebühren würden diese international gesehen immer noch zu den moderaten gehören.
Das Geschäft geht jetzt an den Ständerat.
Nationalrat will im Bildungsbereich weniger sparen als Bundesrat
Dem Nationalrat gehen die Sparbemühungen des Bundesrats bei Bildung und Forschung zu weit. Er hat die rund 29 Milliarden Franken, welche der Bundesrat für die Jahre 2025 bis 2028 freigeben wollte, um 152.2 Millionen Franken aufgestockt. Damit erhält der ETH-Bereich in den genannten Jahren 100 Millionen Franken mehr. Die Grundbeiträge für kantonale Universitäten will der Nationalrat um rund 32 Millionen Franken aufstocken, jene für Fachhochschulen um 24 Millionen.
Die bundesrätliche Botschaft zur Förderung von Bildung, Forschung und Innovation 2025-2028 (BFI-Botschaft) geht jetzt in den Ständerat.
Tonnagesteuer gescheitert: Die Schweiz besteuert Reedereien auch in Zukunft nicht pauschal. Die Einführung der sogenannten Tonnagesteuer ist vom Tisch. Der Nationalrat hat sich dem Nichteintretenseentscheid des Ständerats angeschlossen. Drohende Steuerausfälle in unbekannter Höhe waren ein Argument gegen den Besteuerungswechsel der Redereien.
Keine Kürzungen im Asylbereich: Der Bundesrat soll für das laufende Jahr mehr Geld für den Asylbereich erhalten. Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat einen Nachtragskredit in Höhe von rund 255 Millionen Franken bewilligt. Das Geld fliesst primär in den Betrieb der Bundesasylzentren. Zudem will das Staatssekretariat für Migration beim Personal aufstocken, um pendente Asylgesuche abzuarbeiten. Der Bundesrat beantragt mehr Geld für den Asylbereich, weil er im laufenden Jahr mit mehr Asylgesuchen rechnet als ursprünglich angenommen.
Härterer Kurs gegen ausländische Spione: Der Bundesrat muss künftig sämtliche Personen des Landes verweisen, die durch verbotene nachrichtendienstliche Tätigkeit die Sicherheit der Schweiz gefährden. Voraussetzung ist, dass diese strafrechtlich nicht verfolgt werden können. Nach dem Nationalrat hat sich auch der Ständerat für diese Motion der Aussenpolitischen Kommission gestimmt.
Motion zur Klärung der Übersterblichkeit abgelehnt.
Der Nationalrat lehnt die Einsetzung einer unabhängigen Expertengruppe zur Untersuchung der Ursachen der Übersterblichkeit während der Pandemie ab. Eine Expertengruppe hätte untersuchen sollen, ob es einen Zusammenhang zwischen der erhöhten Übersterblichkeit und der erhöhten Impfrate gegen Covid-19 gibt. Bemerkenswert in der Debatte war folgende Aussage von Bundesrätin Baume-Schneider: «Es geht überhaupt nicht darum, diese individuellen Situationen zu verharmlosen, aber es zeigt dennoch sehr deutlich, dass es keinen Zusammenhang zwischen Impfungen und Todesfällen gibt.» Der Bundesrat empfahl, die Motion von EDU Nationalrat Andreas Gafner abzulehnen. Der Nationalrat folgte dieser Empfehlung mit 125:61 Stimmen.