Sky-Shield: Einkaufsgemeinschaft oder Beitritt zu einem Luftverteidigungsbündnis?

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Am 10. April hat der Bundesrat die Beitrittserklärung zum European Sky Shield Initiative (ESSI) unterzeichnet. Hat er dabei seine Kompetenzen überschritten? Diese Frage ist umstritten: Um Sie zu beantworten, muss analysiert werden, ob es bei dem Abkommen lediglich um eine koordinierte Beschaffung von Luftabwehrsystemen zusammen mit Nachbarländern handelt oder um einen faktischen Beitritt zu einer Organisation für kollektive Sicherheit geht. Ist dies der Fall, würde ein Beitritt gemäss Artikel 140 der Bundesverfassung dem obligatorischen Referendum unterstehen und eine Volksabstimmung wäre zwingend.

Das Ziel der «European Sky Shield»-Initiative ist ein Schutzschirm über dem europäischen Luftraum. Abgewehrt sollen damit nicht in erster Linie Kampfjets, sondern Raketen und Drohnen. Beim «Sky-Shield» mit dabei ist Deutschland, Österreich, Grossbritannien und 14 weitere Staaten. Spanien, Frankreich und Italien sind nicht Teil dieser «Luftverteidigungs-Initiative».

Grundsätzlich muss man unterscheiden zwischen Detektoren (Radaranlagen und Satelliten) zum Auffinden von unbemannten Systemen, ballistischen Raketen, Marschflugkörpern und Hyperschallflugkörpern und Effektoren (Fliegerabwehrlenkwaffen, Kanonen und Laser) zur Abwehr von eben diesen Bedrohungen aus dem Luft- und Weltraum. Das Lokalisieren von Bedrohungen kann und muss von der technischen Seite her betrachtet grenzüberschreitend erfolgen. Zum Abfangen von Hyperschallraketen, welche mit über 20’000 km/h fliegen reicht der Radar einer einzelnen nicht vernetzten Luftabwehrbatterie nicht aus, zumal dieser eine Reichweite von maximal 300-400 km hat. Rechnerisch bleiben somit vom Zeitpunkt des Erkennens auf dem Radar bis zum Abfeuern einer Abwehrrakete etwa 60 Sekunden. Den Schweizer Luftraum zu verteidigen, ohne vorgelagerte Radardaten aus dem Ausland zu verwenden ist somit schwierig bis unmöglich. Österreich bietet sich bereits an, und möchte seine Radardaten der Sky Shield Allianz zur Verfügung stellen. Im Gegensatz zur Schweiz, hat unser Nachbarland noch keine teuren Boden-Luft Raketen beschafft, verfügt jedoch über ein leistungsfähiges Luftraumüberwachungssystem. Zur Erinnerung, der Bundesrat hat 2022 beschlossen, für zwei Milliarden Franken das amerikanische Patriot System zu beschaffen. Kann die Schweiz dieses System überhaupt im Alleingang betreiben oder sind wir gezwungen entsprechende Allianzen zur Verteidigungszwecken einzugehen?

Angenommen die Schweiz beteiligt sich am «Sky Shield» und teilt Radardaten. Wird Sie dann Teil eines Verteidigungsbündnisses? Sollte diese Frage mit Ja beantwortet werden, müsste der Bundesrat den Beitritt zur «European Sky Shield Initiative» Volk und Stände vorlegen. Ein Beitritt zu einer Organisation für kollektive Sicherheit setzt ein obligatorisches Referendum voraus (Art. 140 BV).

Die Medienmitteilung des Bundesrats, welche mehrfach betont, bei der Teilnahme am Sky-Shield gehe es primär um ein Beschaffungsvorhaben, ist irreführend und greift zu kurz. Das deutsche Bundesministerium der Verteidigung spricht Klartext über die Ziele der Initiative als «die Stärkung des europäischen Pfeilers in der gemeinsamen Luftverteidigung der NATO». Ist dies nun bereits ein Beitritt zum Militärbündnis durch die Hintertür?  

Quellen:

9 Antworten zu Sky Shield, Österreichische Bundesheer
https://www.bundesheer.at/aktuelles/detail/skyshield-faq

Bundesrat beschliesst Beitritt zur European Sky Shield Initiative, Medienmitteilung Bundesrat vom 10. April 2024

https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-100650.html

European Sky Shield – die Initiative im Überblick, Deutsches Bundesministerium der Verteidigung

https://www.bmvg.de/de/aktuelles/european-sky-shield-die-initiative-im-ueberblick-5511066

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