Sessionsinfo zweite Woche
Vom 27. Mai bis zum 14. Juni 2024 findet die Sommersession von National- und Ständerat statt. Der Politbeobachter berichtet während der Session im Wochenrhythmus über wichtige getroffene Entscheide und laufende Debatten – ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
Ukraine-/Armee Kuhhandel beerdigt
Der Ständerat diskutierte den umstrittenen 15 Milliarden Franken schweren Spezialfonds. Diesen schlägt die Sicherheitspolitische Kommission des Ständerates (SIK-S) in einer Motion vor. Der Fonds soll mit rund 10 Milliarden Franken den finanziellen Zusatzbedarf der Armee in den Jahren 2025 bis 2030 decken. 5 Milliarden Franken sollen für die Hilfe in der Ukraine eingesetzt werden. Die Finanzkommission der kleinen Kammer stellt sich klar gegen diesen Fonds. Sie lehnte die Motion der SIK-S mit 11 zu 2 Stimmen ab. Der Entscheid gegen die Motion fällt mit 28 zu 15 Stimmen und ist vom Tisch.
EMRG-Urteil:
Der Ständerat befasste sich kürzlich mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) gegen die Schweiz zum Klimaschutz. Der Gerichtshof hatte Anfang April auf eine Beschwerde des Vereins Klimaseniorinnen hin eine Verletzung der Menschenrechtskonvention durch die Schweiz festgestellt. Die Rechtskommission der kleinen Kammer will nun eine Erklärung abgeben, die das Urteil kritisiert. Debattiert wurde über drei Varianten einer Erklärung an den Europarat. Mit 26 Stimmen hat sich eine Mehrheit des Ständerats für die Version der Rechtskommission entschieden. Abgeschlossen ist das Thema damit noch nicht. Der Nationalrat debattiert hierzu in der dritten Sessionswoche.
Nationalrat lehnt Umweltverantwortungsinitiative ab
Der Nationalrat empfiehlt die von den Jungen Grünen lancierte Umweltverantwortungsinitiative zur Ablehnung. Der Entscheid fiel mit 129 gegen 60 Stimmen bei zwei Enthaltungen. Auch einen Antrag einer rot-grünen Minderheit für einen direkten Gegenvorschlag lehnte die grosse Kammer mit 125 gegen 63 Stimmen und mit einer Enthaltung ab. Mit diesem beantragte die Minderheit, die Initiative im Grundsatz anzunehmen, dabei aber auf die im Initiativtext beschriebenen Übergangsbestimmungen – das Konzept der planetaren Grenzen als Richtlinie sowie eine Übergangsfrist von zehn Jahren für die Umsetzung – zu verzichten. Der Nationalrat will somit keinen neuen Verfassungsartikel, der den Umweltschutz in der Schweiz laut den Initianten zur Priorität machen soll. Mehr Info dazu hier und hier.
Nationalrat will Stalking konsequenter bekämpfen
Der Nationalrat will einen eigenen Straftatbestand gegen Stalking. Er hat einer entsprechenden Gesetzesänderung zugestimmt. Ziel ist es, die Opfer solcher Nachstellungen besser zu schützen. Das Geschäft geht damit an den Ständerat. In der Gesamtabstimmung nahm die grosse Kammer die Vorlage mit 151 zu 29 Stimmen bei neun Enthaltungen an.
Ständerat will keine Abgangsentschädigungen beim Bund
Spitzenkaderleute der Bundesverwaltung oder von bundesnahen Betrieben sollen künftig prinzipiell keine Abgangsentschädigungen mehr erhalten. Das will der Ständerat. Er hat einer entsprechenden parlamentarischen Initiative von Thomas Minder (parteilos) Folge gegeben. Mit 20 zu 16 Stimmen bei einer Enthaltung gab der Ständerat der Initiative Folge. Sie geht nun zur weiteren Prüfung an die zuständige Kommission des Nationalrats.
Keine systematische Verwahrung von Wiederholungstätern
Das Parlament will keine systematische Verwahrung von Wiederholungstätern bei schweren Verbrechen. Der Nationalrat ist bei der Revision des Strafgesetzbuchs auf die Linie des Ständerats eingeschwenkt.
Namensrecht
Künftig sollen Eheleute wieder einen Doppelnamen führen können. Für die Kinder soll es aber keine Doppelnamen geben. Das hat der Nationalrat im März beschlossen. Er schickte eine entsprechende Reform des Namensrechts zur Überarbeitung an die zuständige Kommission zurück. Heute beugt sich die grosse Kammer über den überarbeiteten Entwurf.
Mehr Kontrolle der Finanzhilfen für Palästina gewünscht
Der Bundesrat muss bei der Vergabe von Hilfsgeldern in Palästina genauer hinschauen und eine Taskforce einsetzen. Der Ständerat hat mit 21 zu 20 Stimmen eine Motion überwiesen, die verhindern soll, dass Schweizer Gelder für Terrorismus eingesetzt werden.
Nutzung Bundesplatz und «Bundesmeile» – Nationalrat will mitreden
Der Nationalrat will mehr Mitbestimmung des Bundes bei der Nutzung des öffentlichen Raums vor dem Bundeshaus in Bern. Er hat einer entsprechenden Forderung seines Büros diskussionslos zugestimmt. Die vom Nationalrat angenommene Motion verlangt vom Bundesrat, Verhandlungen mit Stadt und Kanton Bern aufzunehmen. Das Büro des Nationalrats schreibt im Vorstoss, die heutige Situation sei unbefriedigend. Die Stadt Bern entscheide praktisch allein über die Nutzung des öffentlichen Raums.
Aktionsplan gegen Rassismus und Antisemitismus gefordert
Der Bund soll gemeinsam mit den Kantonen eine Strategie und einen Aktionsplan gegen Rassismus ausarbeiten. Das wollen die eidgenössischen Räte. Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat einer Motion mit dieser Forderung deutlich zugestimmt.
Grossteil der neuen Kulturbotschaft ist unumstritten
Die neue Kulturbotschaft des Bundes für die Jahre 2025 bis 2028 hat eine erste parlamentarische Hürde hinter sich. Der Ständerat hat mit einer Ausnahme den zwölf Erlassen zugestimmt, welche die Botschaft bilden, und rund 990 Millionen Franken Bundesgelder freigegeben. Die rund 990 Millionen fliessen zum Beispiel in die Filmförderung des Bundes, zum Nationalmuseum und zur Kulturstiftung Pro Helvetia.
Arbeitslosenversicherung soll temporär weniger Geld erhalten
Der Bund soll als Teil der Sanierung der Bundesfinanzen über die nächsten fünf Jahre 1.25 Milliarden Franken weniger Geld in die Arbeitslosenversicherung stecken. Der Nationalrat hat als Erstrat eine entsprechende Vorlage des Bundesrats gutgeheissen. Wegen drohender Milliardendefizite in der Bundeskasse will der Bundesrat in den Jahren 2025 bis 2029 den Bundesbeitrag an die Arbeitslosenversicherung (ALV) um insgesamt 1.25 Milliarden Franken kürzen. Die Vorlage geht nun an den Ständerat
13. AHV-Rente nicht über Entwicklungshilfe finanzieren
Der Nationalrat will die Gelder für die Entwicklungshilfe nicht zugunsten der Finanzierung der 13. AHV-Rente kürzen. Er hat den Vorstoss aus den Reihen der SVP abgelehnt. Das Geschäft ist damit vom Tisch. Der Bundesrat will die Finanzierung der 13. AHV-Rente vollumfänglich über eine Erhöhung der Lohnbeiträge oder über eine Erhöhung von Lohnbeträgen und Mehrwertsteuer sicherstellen. Auch diese Idee stösst im Parlament auf Widerstand. Es wird wohl erst im Herbst darüber entschieden, wie der Volkswille zu einer 13. Rente umgesetzt werden soll.
Palästina soll nicht als eigenständigen Staat anerkannt werden
Der Nationalrat will Palästina nicht als eigenständigen Staat anerkennen. Er hat den entsprechenden Vorstoss aus den Reihen der SP abgelehnt. Damit ist das Geschäft vom Tisch.
Hilfe für Protestbewegung im Iran soll möglich sein
Das Parlament fordert Unterstützung für die iranische Zivilgesellschaft im Kampf für Frauen- und Menschenrechte. Der Nationalrat hat eine vom Ständerat abgeänderte Motion der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrats (APK-N) angenommen. Die grosse Kammer hiess bei der zweiten Behandlung des Vorstosses den abgeänderten Motionstext mit 117 zu 62 Stimmen bei fünf Enthaltungen gut. Sie überwies die Motion damit an den Bundesrat.
Armeedebatte im Ständerat – vier Milliarden Franken mehr
Der Ständerat will den Zahlungsrahmen für die Armee in den Jahren 2025 bis 2028 um vier Milliarden Franken auf 29.8 Milliarden Franken anheben. Beim Rüstungsprogramm möchte er 660 Millionen Franken mehr ausgeben als der Bundesrat. Mit der Anhebung des Zahlungsrahmens soll sichergestellt werden, dass das Armeebudget bis 2030 den Zielwert von 1 Prozent des Bruttoinlandproduktes erreicht.
Der Rat folgte mit 27 zu 17 Stimmen bei einer Enthaltung seiner Sicherheitspolitischen Kommission (SIK-S). Auch die Aufstockung beim Rüstungsprogramm geht auf einen Antrag der vorberatenden Kommission zurück. Der Ständerat hiess sie mit 31 zu 14 Stimmen ohne Enthaltungen gut. Mit dem Geld möchte er die bodengestützte Luftabwehr stärken und den Kauf entsprechender Systeme ein Jahr früher als geplant ermöglichen. Die Armeebotschaft 2024 des Bundesrats findet sich hier.
Impulsprogramm für die Unterstützung von Kitas wurde verlängert
Der Ständerat will das Impulsprogramm für die Unterstützung von Kindertagesstätten bis Ende 2026 verlängern. Beantragt hatte dies seine zuständige Kommission. Sie will damit sicherstellen, dass Kitas weiter gefördert werden – bis eine Nachfolgelösung für das Impulsprogramm steht. Die heutige Regelung läuft Ende Jahr aus. Der Ständerat sagte mit der Verlängerung auch Ja zum Antrag, für die Verlängerung den Verpflichtungskredit um 40 Millionen Franken aufzustocken und weitere 10 Millionen Franken aus bewilligten Mitteln zu transferieren. Als nächstes ist der Nationalrat am Zug. Seine zuständige Kommission befürwortet die Verlängerung und auch der Bundesrat ist damit einverstanden.