Wer hat das Referendum zur Abstimmung gebracht?
Das Bundesgesetz für eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien will eine Grundlage schaffen, damit die Schweiz rasch mehr Strom aus erneuerbaren Energiequellen wie Wasser, Sonne, Wind oder Biomasse produzieren kann. Gegen die Vorlage wurde von der Fondation Weber und vom Verein Freie Landschaft Schweiz erfolgreich das Referendum ergriffen.
Kommentar Politbeobachter:
Die Schweiz lebt vom Föderalismus. Nur was auf Gemeindeebene nicht sinnvoll entschieden werden kann, wird an die nächsthöhere Ebene (Kanton oder Bund) weiterdelegiert. Wo immer möglich, sollen diejenigen über einen Sachverhalt entscheiden, die davon betroffen sind. Folgelogisch müssten also die betroffenen Gemeinden über den Bau von Wind- und Solarparks entscheiden.
Der Mantelerlass ermöglicht aber dem Bundesrat, Wind- und Solarparks von nationalem Interesse im Schnellverfahren zu genehmigen, während die Kantone die «Eignungsgebiete» festlegen. Volksabstimmungen in den Gemeinden und Einsprachen von Betroffenen würden in solchen Fällen eingeschränkt und faktisch erschwert. Politbeobachter unterstützt die aktive Beteiligung aller Bürgerinnen und Bürger am Entscheidungsprozess auf allen drei Staatsebenen und lehnt den Abbau bestehender politischer Rechte ab.
Der Mantelerlass geht von einem generellen Vorrang des Interesses an der Erzeugung erneuerbarer Energien vor allen anderen in der Bundesverfassung geregelten Interessen aus. Wie Prof. Dr. iur. Alain Griffel (Professor für Staatsrecht an der Universität Zürich) in seinem Gutachten ausführt, verstösst der Mantelerlass gegen die Bundesverfassung.
Die BV selber sieht bereits eine Gewichtung der Interessen auf Verfassungsstufe vor, welche einer Gewichtung auf Gesetzesstufe in jedem Fall vorgeht.
Unter dem Schutz der Bundesverfassung geniessen Landschaften von nationaler Bedeutung (d.h. ins Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler (BLN1) aufgenommene Gebiete) sowie Moore und Moorlandschaften einen vorrangigen Schutz vor anderen in der Bundesverfassung geregelten Anliegen.
Das Stromversorgungsgesetz (StromVG) schreibt nun aber 16 Kraftwerksanlagen auch in BLN-Gebieten einen grundsätzlichen Vorrang des Interesses an ihrer Realisierung zu. Damit verstösst niederrangiges Recht gegen höherrangiges, das StromVG enthält bundesverfassungswidrige Bestimmungen.
Die Verschiebung einer bereits in der Verfassung vorgenommenen Gewichtung zugunsten
des einen und zulasten des anderen Interessens ist nicht Sache des Parlaments, sondern Sache von Volk und Ständen. Hier hat das Parlament seine Kompetenzen überschritten – erfreulicherweise kann jetzt darüber abgestimmt werden.
Was sind die Argumente der Gegner?
Zusammenfassung:
- Das Stromgesetz ist natur-zerstörend, weil es dazu führt, dass schöne Landschaften verbaut, intakte Alpentäler für Freiflächen-Solaranlagen genutzt und Wälder für Windkraftanlagen gerodet werden. Die Kantone dürfen Flächen als «geeignet» bezeichnen und dort, ohne Mitbestimmung der Betroffenen oder von Umweltverbänden, Wind- und Solarparks vorsehen. Der Bundesrat konnte nicht darlegen, dass diese massiven Eingriffe in die Natur für eine sichere Stromversorgung nötig sind.
- Das Stromgesetz ist anti-demokratisch, weil der Bundesrat explizit die Ermächtigung erhält, Bewilligungen im Schnellverfahren zu erteilen, damit die Gemeinden entmachtet und Rechtsmittel beschränken kann. Die mehrfach betonte Aussage von Bundesrat Albert Rösti, dass mit dieser Vorlage keine demokratischen Mitsprachemöglichkeiten abgebaut werden können, entspricht nicht den Fakten.
- Auf die Dächer statt in die Natur: Solarenergieproduktion muss auf bereits überbauten Flächen umgesetzt werden – nicht in der Natur. Allein Dächer und Fassaden haben laut Zahlen des BFE ein Potential von 86 TWh, davon fallen etwa 30 Prozent, also 26 TWh, im Winterhalbjahr an. Das übertrifft die Ausbauziele im Stromgesetz bei weitem (45 TWh für erneuerbare Stromerzeugung ohne Wasserkraft und 6 TWh Winterstrom).
Was sind die Argumente der Befürworter?
Zusammenfassung:
- Mehr Strom aus der Schweiz: Die Schweiz braucht mehr Strom. Nur mit inländischen, erneuerbaren Energien kann der Bedarf rasch gedeckt werden. Eine zuverlässige Stromproduktion ist wichtig für unsere Wirtschaft und Gesellschaft.
- Mehr Strom vor allem im Winter: Das Stromgesetz sieht verbindliche Ausbauziele für die Stromproduktion bis 2035 und 2050 vor. Es sichert die Winterproduktion und fördert dazu den Ausbau der Wasserkraft und von Solar- und Windprojekten von nationaler Bedeutung.
- Mehr Strom – und Schutz für Natur und Landschaft: Mehr als 80 % der geplanten neuen Projekte werden auf bestehenden Dächern und Fassaden installiert. Die Natur wird also nicht verschandelt. Das Stromgesetz schützt die Natur und verpflichtet die Kantone, Umweltschutzinteressen zu berücksichtigen.