Abstimmungskampf zum Energiegesetz
Insbesondere wenn der Abstimmungstermin näher rückt, vermischen sich Information und Propaganda. Ein kurzer Blick auf drei Ereignisse, die zum kritischen Nachdenken animieren. Das SRF durchleuchtet eine Einzelspende, Albert Rösti verbreitet fragwürdige Zahlen zum Windenergiepotential und plötzlich erscheint ein neues Komitee mit guten Argumenten.
Wer mehr als 15.000 Franken für einen Abstimmungskampf spendet, muss dies offenlegen. So wollen es die neuen Transparenzrichtlinien. Das SRF recherchiert und bemerkt folgendes: Die Hälfte des Kampagnenbudgets des «Bündnis für Natur und Landschaftsschutz» stammt aus einer Einzelspende von 180.000 Franken, dessen privater Absender nicht bekannt ist. Der einigermassen berechtigte Vorwurf der intransparenten Kampagnenfinanzierung bleibt beim Nein-Komitee hängen und erreicht via SRF eine grosse Reichweite. Viel interessanter ist jedoch, was das SRF vergessen hat: Im Abstimmungskampf zum Energiegesetz wird mit der grossen Kelle angerührt – insbesondre bei den gut kapitalisierten Befürwortern des Energiegesetzes. Die drei grossen Energieversorger Axpo, Alpiq und BKW unterstützen die Ja-Kampagne mit je rund einer Viertelmillion. Mit den zahlreichen Spenden von kleineren Energieproduzenten kommt ein Kampagnenbudget von über zwei Millionen zusammen. Dies ist zwei bis viermal so viel wie bei den Gegnern der Vorlage. Der Bund darf selbst keine Abstimmungskampagne fahren – abgesehen von den Presseauftritten des zuständigen Bundesrats. Die grossen Energiewerke (BKW, Alpiq, Axpo) sind als private Gesellschaften organisiert, gehören aber primär den Kantonen und Gemeinden. Ist es korrekt, wenn die öffentliche Hand so indirekt in den Abstimmungskampf eingreift? Naja… Ein paar Worte darüber zu verlieren, welche Seite sich wie finanziert, wäre im Sinne einer neutralen Berichterstattung die Minimalanforderung gewesen, die leider vom SRF verpasst wurde.
Definitiv nicht korrekt sind die überoptimistischen Annahmen, welche Albert Rösti zum Windenergieausbau kommuniziert. Er stellt in Aussicht, dass mit 150 bis 200 Windrädern bis 2035 zwei Terawattstunden zusätzlichen Strom pro Jahr produziert werden können – konkret ca. zehn Gigawattstunden pro Anlage. Die in der Schweiz bisher bestehenden 41 Windräder liefern pro Anlage gut vier Gigawattstunden. Glaubt unser Bundesrat tatsächlich, dass die Windräder, welche wir künftig aufstellen, mehr als doppelt so viel Strom liefern werden wie bisherige? Naja…
Es gibt einen neuen Akteur im Abstimmungskampf, der die zukünftigen Kosten berechnet. Mehrkosten von rund 10.000 Franken pro Haushalt soll das Stromgesetz verursachen, so die Berechnungen des neuen Nein-Komitee «Allianz-Stromgesetz». Der Netzausbau kostet Milliarden und wird letztlich auf die Stromkonsumenten abgewälzt – dies ist klar. Doch wäre ein solcher Ausbau nicht so oder so notwendig, wenn die Solarpanels, wie die Gegner zum Energiegesetz fordern, auf die Dächer und nicht in der unverbauten Landschaft aufgestellt werden?
Deutlich mehr überzeugt folgendes Argument des Nein-Komitees: Die Energieversorger können über den neu obligatorisch zu verwendenden Smart-Meter auf Wärmepumpe, Boiler, Elektroladestation oder Solaranlage zugreifen. Sollte bei einer Strommangellage der Bund Massnahmen beschliessen, z.B. eine maximale Wohnungstemperatur von 15 Grad, könnte das «Energie-Diktat» künftig über die Energiewerke umgesetzt werden. Ein weitsichtiger Gedankengang bei dem man leicht kalte Füsse bekommen kann.
Quellen:
https://www.allianz-stromgesetz.ch/
https://www.nebelspalter.ch/themen/2024/05/albert-roesti-verbreitet-falsche-zahlen-zur-windenergie
https://politikfinanzierung.efk.admin.ch/app/de/campaign-financings/411/forms/8-1-387-411-18
https://www.srf.ch/news/schweiz/ausweitung-von-lex-koller-wem-gehoeren-die-schweizer-energiekonzerne